Jule von Hey Mama Wolf

Pflanzenfärberin

Jule Kebelmann ist Textilkünstlerin und Pflanzenfärberin in Brandenburg und lässt eigenes Garn aus regionaler Schafwolle herstellen.

Im Interview verrät Jule, warum erst zwei Freundinnen sie vom Pflanzenfärben überzeugen mussten und worauf es beim Färben mit Pflanzen ankommt.

5 Fragen an die Pflanzenfärberin

1. Welche Arbeitsschritte braucht es beim Färben von Schafwolle mit Pflanzen?

Egal, welche Färbemethode angewendet wird: Es ist gut, die Wolle erstmal zu waschen. Auch wenn eventuell kein wolleigenes Lanolin mehr in der Wolle ist, könnten noch andere Verunreinigungen enthalten sein (Spinnöl z.B.). Diese können Einfluss auf das Farbergebnis haben. Ich mache das bei meiner Wolle jedoch nicht, weil ich gerne möchte, dass sie etwas ungleichmäßig und meliert gefärbt ist. 

Nach dem Waschen gibt es unterschiedliche Methoden, die sich vor allem auf die Beizen beziehen. Eine Beize ist ein Stoff (eine Chemikalie), die verwendet wird, um den Farbstoff besser an die Faser zu binden und auch, um den Farbton zu beeinflussen.

Immer müssen die Pflanzen gesammelt oder gekauft werden. Es kann teilweise mit frischem Material gearbeitet werden oder die Pflanzen müssen erst getrocknet werden. Dann wird das Pflanzenmaterial eingeweicht, ausgekocht (1-3 Stunden, je nach Material) und abgeseiht.

Methode ohne Beize: Es gibt die Möglichkeit bei einigen Farbstoffen, ohne Beize zu arbeiten. Der allerschönste darunter ist die Schale der Walnüsse, die tiefe und haltbare Brauntöne erzeugt.

Methode Vorbeizen-Färben-Nachbeizen: Die Wolle wird gebeizt, ausgewaschen, eingeweicht und dann in die kalte Farbflotte (s.o.) eingelegt und das Ganze auf ca. 90°C für eine Stunde gekocht. Dann kühlt es ab und dann kann die Wolle ausgewaschen werden. Um unterschiedliche Farbtöne zu erzielen, kann dann noch nachgebeizt werde. So wird aus Gelb Olivgrün und aus Pink gedämpftes Rosa zum Beispiel. Dann muss die Wolle noch mal ausgewaschen und getrocknet werden.

Küppenfärbung: Wird zum Färben Indigo verwendet funktioniert alles ganz anders. Denn dem Indigo wird erst der Sauerstoff entzogen (Reduktion) und dann, wenn der Farbstoff auf die Faser aufgezogen ist, wieder oxidiert. Also echte Magie.

2. Wann und wie hast du mit dem Pflanzenfärben begonnen? 

Zuerst kam die Idee, ein Garn aus regionaler Biowolle zu fertigen. Das war so 2013/14. Damals gab es auf dem Gebiet auf dem deutschen Markt einfach kaum etwas.

Da wir zu der Zeit gerade von Berlin an die Elbe ziehen wollten und ich Familie auf der Insel Föhr hatte, habe ich immer wieder davon gehört, wie wichtig die Schafe für die Deiche und die Landpflege sind. Aber die Schäfer*innen es immer schwieriger haben, für die Wolle einen vernünftigen Preis zu bekommen oder sie überhaupt verkaufen zu können. Warum also Wolle von weit, weit her zum Stricken kaufen, wenn es denn auch ungenutze Wolle hier gibt?

Ich find ja die natürlichen Wollfarben schon wunderschön. Doch als die Idee zur Wolle sich verdichtete, kam die Frage nach dem Färben dazu. Ich hatte mich damals mit Elke von Tulliver Yarns getroffen und kam trotzdem noch nicht auf den Gedanken, die Wolle mit Pflanzen selber zu färben.

Ich interessiere mich seit ich denken kann für Pflanzen und insbesondere für Heilpflanzen. Da mussten aber erst noch zwei Freundinnen sagen, dass das doch die perfekte Kombination für mich wäre – Färben mit meinen geliebten Pflanzen und die Wolle. Und dann fing ich damit an und es hat mich nicht losgelassen.

3. Was waren rückblickend betrachtet deine größten Erkenntnisse?

Wenn du aus Berlin (kalkhaltiges Wasser) in die Prignitz ziehst (eigener Brunnen, stark eisenhaltiges Wasser), musst du alle deine Färberezepte über den Haufen schmeissen und von vorne anfangen.

Die Community von Färberinnen und regionale Wollherstellerinnen ist die Beste! Wir sind echt keine Konkurrentinnen, sondern tauschen uns einfach gerne aus. 

4. Hast du Tipps, worauf wir als Verbraucher:innen achten sollten, wenn wir pflanzengefärbte Textilien kaufen?

Pflanzenfarben sind nicht weniger haltbar als „Chemische“. Sie färben eigentlich auch nicht ab (ausser bei Indigo, nach dem Stricken aber nicht mehr).

Normalerweise werden hochgiftige Beizen wie Chrom- und Kupfersalze nicht mehr in der Pflanzenfärberei verwendet. Wenn du sichergehen willst, frag nach. Kalialaun ist ungefährlich, auch wenn da manchmal falsche Informationen verbreitet werden.

Bitte keine pflanzengefärbte Produkte bei Discountern und großen Konzernen kaufen, auch wenn die das als super nachhaltig verkaufen wollen.

5. Was würdest du dir von Verbraucher:innen, aber vielleicht auch von an der Wertschöpfung beteiligten Menschen wünschen bezogen auf regionales, (pflanzengefärbtes) Garn?

Was ich gerade ganz im Allgemeinen, nicht nur in Bezug auf Wolle, versuche ist, viel weniger zu konsumieren. Ich hab so viel Wolle, die kann ich erstmal verarbeiten. Und das ist natürlich für die Herstellerinnen blöd. Durch die Polykrise zu Zeit gibt es sowieso starke Einbrüche im Umsatz, gerade bei so „Luxusprodukten“ wie regionaler Biowolle.

Was ich mir also wünsche – von Konsumentinnen und Herstellerinnen – ist, neue Ideen zu entwickeln, wie wir das, was wir brauchen, solidarisch herstellen und verteilen können.

Vielen Dank, Jule, für diese spannenden Antworten, die ja auch zeigen, wie aufwendig es ist, Wolle mit Pflanzen zu färben und wieviel KnowHow und Erfahrung dafür notwendig sind.

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Fotos: Jule Kebelmann